Night Line im TPZ

JUNGE KÜNSTLER PRÄSENTIEREN JUNGE KUNST

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DIE TPZ-NIGHT LINE 2006

Ein Bericht von Heide Rohringer

Sauschneiden / Feb. 2006

Inszenierung eines literarischen Fragments von Ewald Palmetshofer
Darsteller: TPZ Theaterwerkstatt
Regie: Erich Hofbauer

Die selbstgestellte Herausforderung:
KünstlerInnenteam & Regisseur war die endgültige Stückfassung nicht bekannt!
Die notwendiger Weise auf weiterführende Interpretationen gestützte Inszenierung des Textfragments war von einer unerwarteten, emotionalen Dichte geprägt. Ein Erfolg, der vor allem der unspektakulären Darstellung der beiden Hauptfiguren zuzuschreiben ist. Diese keineswegs leichte Aufgabe wurde von den beiden Hauptdarstellerinnen bravourös gemeistert.

Für die Zuschauer zu sehen war:
Die Beziehung von Ehefrau und Schwiegermutter.
Scheinbar Verbindendes und Trennendes von zwei Frauengenerationen.
Die Verbindung zweier Opfer über die Person des (nicht gezeigten) Gewalttäters.
Trennend erweist sich die Erkenntnis von „Schuld“, als Mutter nicht verhindert zu haben, dass auch der Sohn schuldig wird. Eine der herausragendsten Leistungen war zweifellos, dass die Atmosphäre des gewaltbestimmten Alltags nur über die Beziehung der beiden Frauen raumgreifend spürbar wurde.

Das Fragment enthielt weitere Szenen, die Hofbauer als „Parallelszenen“ definierte.
Scheinbar zusammenhanglos führten diese Szenen an einen anderen Ort, in eine andere Zeit.
Ein junges Paar, sprachlos in ihrem ständigen Aneinandervorbeireden. Gleichermaßen gewalttätig durch die offensichtliche, gegenseitige Nichtbeachtung.
Durch die Dichte der Haupthandlung nützte manche/r BesucherIn diese Momente zum Durchatmen. Einige, junge BesucherInnen meinten später, diese Szenen emotional „näher“ deshalb leichter nachvollziehbar erlebt zu haben.

In jedem Fall, die emotionale Wirkung der einstündigen Vorstellung war auch in der Pause nicht ganz abzuschütteln. Und so waren alle noch „dran“, als der Autor die Veränderungen seiner Endfassung in groben Zügen darlegte.

Die Verbindung zwischen Aufführung und literarischer Endfassung wurde für die BesucherInnen auch emotional hergestellt. Spontan lasen die beiden Hauptdarstellerinnen die „Schlussszene“ der Aufführung, allerdings in (neuer) Originalversion. Der Autor selbst steigerte das gespannte Interesse durch die dramatische Lesung einer Schlüsselszene des weiteren Handlungsverlaufs.

Danach kam das Inszenierungsteam zum Zug. Der Regisseur berichtete über den Ursprung des experimentellen Projekts und die wesentlichsten Schritte der Inszenierungsarbeit. Mit den SchauspielerInnen gemeinsam machte er deutlich, wodurch sich die Arbeit mit einem Fragment von der üblichen Stückinszenierung unterschied.
Die sehr eindrucksvollen Ausführungen waren nicht nur informativ sondern hatten durchaus ei-genständigen Unterhaltungswert. Für die BesucherInnen war dadurch der wohl wichtigste Aspekt der Projektarbeit erkennbar, ...

... die Freude des Teams an der selbst gestellten, künstlerischen Herausforderung!...

Um noch auf die Gegenüberstellung von Fragment & Endfassung einzugehen:

Erstaunlicher Weise zeigte sich, dass die Interpretationen des Inszenierungsteams keineswegs in eine falsche Richtung führten. In allen wesentlichen Belangen waren Entscheidungen getrof-fen worden, die im Nachhinein durch das literarische Endprodukt Bestätigung fanden. Interes-santer Weise wurden auch gerade einige jener im Text anklingenden Möglichkeiten offen ge-lassen, die der Autor ebenfalls weiterhin als dezenten Anklang belässt.

Die größte Übereinstimmung zwischen interpretierender Theaterarbeit & Autor bestand zweifel-los darin, dass die Frage der Kastration (Sauschneiden) nicht vordergründig sensationslüstern in den Mittelpunkt gerückt wurde, sondern vielmehr das wehrlose, insgeheime Wunschdenken der Opfer darstellt.

Es auszusprechen stellt einen Tabubruch dar, verändert die bestehende Beziehung der beiden Frauen und entzieht der Notgemeinschaft die bisherige Basis.

Als wesentlichster Unterschied zwischen Erstentwurf und fertigem Stück ist der Verzicht auf die „Parallelszenen“ anzusehen. Die Figur der jungen Frau, findet in anderer Form wieder.
Als „jedermanns Tochter“ symbolisiert sie die Folgegenerationen.

Frausein - zwangsläufig Opfer und Taten
vorangegangener Generationen in sich tragend

Wie das Stück tatsächlich ausgeht, wurde nicht verraten. Auch der nachdrückliche Publikumswunsch nach einer Inszenierung des gesamten Stücks kann derzeit leider nicht erfüllt werden.

Aber man soll nicht unbescheiden sein, denn ....

  • .... „Sauschneiden“ war ein umfassendes Gesamtprojekt
    • Inszenierung des Fragments durch Erich Hofbauer / künstlerischer Leiter des TPZ

    • Künstlerische Erarbeitung & Umsetzung mit Mitgliedern der TPZ-Theaterwerkstatt

    • Öffentliche Erstpräsentation des Gesamtprojekts beim AutorInnengespräch
      TPZ-Night Line / Jänner 2006

    • 2 Schwerpunktveranstaltungen im Rahmen der TPZ-Night Line / Februar 2006

    • Aufführung - Präsentation der Endfassung - moderiertes Künstlergespräch

  • .... das TPZ-Projekt „Sauschneiden“ hat alle in den Bann gezogen
    • Die KünstlerInnen haben ungeheuer viel Zeit & enormes Engagement dafür eingesetzt
    • Der Autor hat das experimentelle Element mitgetragen und bis zuletzt nichts verraten
    • Interesse und Neugierde kennzeichnen das Vorfeld der Projektpräsentation
    • Die BesucherInnen der beiden Night Line -Abende zeigten sich überwältigt
    • Beeindruckend, unerwartet, erstaunlich, berührend, bereichernd und unfassbar, ersetzten in Ermangelung eines entsprechendes Begriffs die eindeutige, alles umfassende Definition
  • Stücke wie „Sauschneiden“ rufen keine laute, johlende Begeisterung hervor
    • Sie erwecken stärkere Gefühle - solche die noch längere Zeit nachklingen
    • Sie bündeln Eindrücke – Gesagtes und Verschwiegenes gehört untrennbar zusammen
    • Sie stellen sich dem Lachen – das mitunter nur eine Variation des Weinens ist
    • Sie knüpfen an – rütteln verwandte Erfahrungen wach
    • Sie sensibilisieren nachhaltig – hinterlassen wiedererkennbare Signale

Als Projektleiterin der TPZ-Nightline bin ich in der äußerst glücklichen Lage, dass der Erfolg von „Sauschneiden“ kein Einzelfall ist, sondern alle bisherigen Produktionen und mehrteiligen Einzelprojekte herausragende, künstlerische Leistungen darstellten.


AutorInnengespräch /Jän. 2006

Am Ende sind wir das, was wir versuchen loszuwerden / April 2006

Karten: +43 1 486 96 46 - Abendkassa: 0699 100 53841 -

 

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